Gott, der du dich zu aller Zeit
Mir, was du bist, erwiesen,
Verzeih der faulen Dankbarkeit,
Sie hat es schlecht gepriesen,
Und gib den Fehler mit Geduld
Dem unerfahrnen Alter schuld,
In dem wir töricht handeln
Und wegen Mangel an Verstand
So wie ein Schatten an der Wand
Nach jedem Scheine wandeln.
Das Blendwerk schön' und eitler Lust
Gefällt den jungen Jahren;
Das Feuer wallt uns in der Brust,
Sich mit der Welt zu paaren,
Es reizt uns Wollust, Trunk und Pracht,
Und weil es keiner besser macht,
So folgt ein Schaf dem Haufen;
Ja, eh sich Fleisch und Blut bequemt
Und der Verstand den Willen zähmt,
Muß mancher Strom entlaufen.
Darum, mein Gott, verkürze nicht
Die Hälfte meiner Tage
Und laß mir deiner Weisheit Licht,
Wonach ich eifrig jage.
Jetzt komm ich erstlich auf die Spur,
Worauf mir Einsehn und Natur
Ein' reifer Kenntnis geben;
Ich seh die Sünd-und Tugendbahn
Mit ungleich schärfern Augen an
Und denk erst recht zu leben.
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